Urkundenbuch des Herzogtums Steiermark, Band 2: 1192–1246 – Provisorische Neuausgabe (Online-Version)
Sabine Kaspar
Online-Zugang zur ersten Teillieferung
Seit dem 10. September 2021 ist die erste Teillieferung der Neuausgabe des zweiten, die Zeit der babenbergischen Herrschaft in der Steiermark (1192–1246) umfassenden, Bandes des „Urkundenbuchs des Herzogtums Steiermark“ (StUB 2) auf der Website der Historischen Landeskommission für Steiermark (HLK) online zugänglich.
Diese erste Teillieferung umfasst neben einer Einführung und den notwendigen Verzeichnissen sowie einer Konkordanzliste folgende Teil- und Sonderreihen[1]:
- Hauptreihe – Niederösterreichische Provenienzen:
- Teilreihe Seitenstetten
- Teilreihe Niederösterreich (Sonstiges) - Hauptreihe – Oberösterreichische Provenienzen:
- Teilreihe Garsten
- Teilreihe Gleink
- Teilreihe Reichersberg
- Teilreihe Spital am Pyhrn
- Teilreihe Oberösterreich (Sonstiges) - Sonderreihe 1: Urkunden von überregionaler Geltung.
Die hiermit nun vorliegenden ersten Teilreihen der Hauptreihe bieten die Editionen von insgesamt 63 Urkunden (inkl. Deperdita[2]), von denen 43 noch nicht in Josef von Zahns Urkundenbuch[3] (bzw. in Hans Pircheggers Ergänzungsheft[4]) erfasst waren. In der Sonderreihe 1 finden sich zusätzlich 72 Regesten zu Urkunden von überregionaler Geltung, die jedoch zugleich auch für die Steiermark relevant sind.[5] Von diesen sind lediglich sieben Nummern bereits in der Zahnschen Ausgabe verzeichnet, 65 Nummern wurden nun ergänzend aufgenommen.[6]
Zu jedem Stück werden umfassende Angaben zu den erhaltenen mittelalterlichen (und gegebenenfalls neuzeitlichen) Überlieferungen[7] sowie zu Abbildungen, Drucken, Regesten und Literatur geboten.[8] In den darauf folgenden kritischen Bemerkungen finden sich ergänzende Informationen zu Überlieferung, Diktat, Schrift, Echtheit bzw. Unechtheit und zum Inhalt, vorrangig zu inhaltlichen Bezügen zu anderen Urkunden sowie zu genannten Personen und Orten. Besonders umfangreiche Detailuntersuchungen und insbesondere solche, die eine Mehrzahl von Urkunden betreffen und für welche die Vorbemerkungen zu den einzelnen Urkunden nicht der geeignete Platz sind, finden sich gesondert in den „Begleitenden Untersuchungen“. Die Datierung bzw. der zeitliche Ansatz vieler Stücke wurde korrigiert bzw. im Vergleich zu bisherigen Einordnungen konkretisiert. Um den Benutzer*innen zu ersparen, selbst oftmals mühsam nachvollziehen zu müssen, worauf die jeweils neue Angabe nun beruht, wurden die Grundlagen für diese Änderungen in höherem Maß explizit begründet, als bislang zumeist üblich. Sofern Abbildungen der Originale oder Abschriften online zugänglich sind, finden sich die entsprechenden Links bei den Angaben zu den Abbildungen, um einen schnellen Zugriff zu ermöglichen. Zur Besiegelung sind jedenfalls Vorhandensein bzw. Zustand, Siegelführer und Befestigungsart angeführt, in Einzelheiten gehende Siegelbeschreibungen sowie die Berücksichtigung von Rückvermerken und Kanzleivermerken die – aller Erfahrung nach – für die Benutzung in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht von Bedeutung sind, werden in der vorliegenden provisorischen Neubearbeitung nicht geboten.
Geschichte des Projekts
Im Jahr 1967 wurde Friedrich Hausmann von der HLK mit der Neubearbeitung und Fortsetzung des „Urkundenbuchs des Herzogtums Steiermark“ beauftragt. Er schuf in den folgenden Jahrzehnten eine umfassende Materialsammlung, die sogenannte „Sammlung Hausmann“. 2001 kam es zu einer Arbeitsteilung: Friedrich Hausmann behielt die Gesamtleitung und übernahm die Neubearbeitung von StUB 1 (811–1192),[9] während Reinhard Härtel die Bearbeitung von StUB 2 übernahm. Unter seiner Leitung erarbeiteten Franz Mittermüller und Bernhard Reismann im Rahmen eines FWF-Projektes (Mai 2003 – April 2006) auf Basis der „Sammlung Hausmann“ umfassende Dateien, ergänzten das vorhandene Material durch Einarbeitung insbesondere der neueren einschlägigen Literatur und erstellten den Großteil der Rohtexte.[10]
Im Juli 2013 wurden die Arbeiten, nun mit Mitteln der HLK und unter Mitarbeit von Sabine Kaspar, wieder aufgenommen. Um der Öffentlichkeit rascher Arbeitsergebnisse zugänglich machen zu können, wurde im Jahr 2018 beschlossen, neben der (bereits zuvor erfolgten) Ausgliederung von rund 200 Nummern in begleitende Sonderreihen[11] auch die verbleibenden knapp 800 Nummern der Hauptreihe – nach dem Vorbild der Neubearbeitung von StUB 1 durch Friedrich Hausmann – zumindest vorläufig in einzelne, sukzessive zu veröffentlichende Provenienzgruppen bzw. Teilreihen zu untergliedern.[12] Um die Zahl der Teilreihen dennoch in einem überschaubaren Rahmen zu halten, wurden – sofern möglich – Institutionen, für die weniger als vier Urkunden vorliegen, in größere Einheiten zusammengefasst; daher erscheinen z. B. Garsten, Gleink, Reichersberg und Spital am Pyhrn als eigene Gruppen, die anderen oberösterreichischen Provenienzen hingegen unter Oberösterreich (Sonstiges). Für die Festlegung, in welcher Reihenfolge die einzelnen Teil- und Sonderreihen weiter bearbeitet werden sollten, wurde einerseits vor allem darauf geachtet, bei welchen Teilreihen (bzw. Sonderreihen) der Arbeitsfortschritt schon besonders weit gediehen und somit eine möglichst rasche Fertigstellung möglich war, und andererseits, welche Reihen am meisten bei Zahn noch nicht berücksichtigte Stücke bieten.
Ausblick
Die nun online zugängliche erste Teillieferung wird sukzessive um weitere Teillieferungen ergänzt. Dabei folgen als nächstes die Kärntner Provenienzen, genauer gesagt zunächst deren bereits fertiggestellter, insgesamt 54 Nummern umfassender erster Teil (= die Teilreihen Gurk und Lavant), der sich aktuell in Begutachtung befindet, gefolgt vom zweiten Teil (Kärntner Klöster), welcher derzeit in Vorbereitung ist und über 60 Nummern umfasst.
Damit nicht mit jeder weiteren Teillieferung ein neues, schlecht zitier- und mühsam durchsuchbares Gesamtdokument mit jeweils völlig „verschobenen“ Seitenzahlen entsteht, werden die hinzukommenden Teil- und Sonderreihen jeweils als einzelne PDF-Dokumente hochgeladen. Das beigefügte, an dem bewährten Modell des neuen Niederösterreichischen Urkundenbuchs orientierte, chronologische Verzeichnis der Urkunden (inkl. Konkordanz) stellt sicher, dass die Benutzer*innen schnell feststellen können, in welcher Teil- bzw. Sonderreihe ein gesuchtes Stück (bereits) zu finden ist. Die mit jeder Teillieferung zu erweiternden Verzeichnisse werden in ihrer jeweils aktuellsten Version zugänglich gemacht.
Im Endausbau werden alle Teilreihen der Hauptreihe vereint, mit einer (zusätzlichen) fortlaufenden Nummerierung versehen und gemeinsam mit den Sonderreihen in einem Gesamtdokument zusammengefügt. Dazu kommen ein Orts- und Namensregister sowie ein deutsch-slowenisches und ein slowenisch-deutsches Ortsverzeichnis. Dieses Gesamtdokument wird (weiterhin) auf der Website der HLK frei zugänglich sein, zusätzlich ist eine Drucklegung vorgesehen. Darüber hinaus sollen schließlich alle Texte von StUB 2 analog zu StUB 1 in digital aufbereiteter Form auf GAMS zugänglich gemacht werden.
Anmerkungen
[1] Zur Untergliederung in Teil- und Sonderreihen siehe im Detail unten.
[2] Als Deperdita werden neben verlorenen Urkunden auch solche Rechtshandlungen geführt, zu denen die Ausstellung einer Urkunde zwar nicht explizit verbürgt, aber dennoch sicher oder sehr wahrscheinlich ist. Ebenfalls als Deperdita aufgenommen sind Rechtshandlungen, die möglicherweise nie beurkundet worden sind, die aber in anderen Urkunden- bzw. Regestenwerken bereits als eigene Nummer erscheinen.
[3] Josef von Zahn (Hg.), Urkundenbuch des Herzogthums Steiermark, II. Band: 1192–1246 (Graz 1879). Online-Fassung
[4] Hans Pirchegger/Otto Dungern, Urkundenbuch des Herzogtumes Steiermark. Ergänzungsheft zu den Bänden I bis III (= Veröffentlichungen der Historischen Landeskommission für Steiermark 33, Graz 1949). Volltext (Der in diesem Zusammenhang relevante Anteil dieser Publikation stammt von Hans Pirchegger.)
[5] Dies gilt in erster Linie für allgemeine Anordnungen, aber auch etwa für päpstliche Schreiben an den Erzbischof von Salzburg und dessen Suffragane, womit auch der Bischof von Seckau betroffen ist, oder wenn der Klerus in der Diözese Salzburg allgemein angesprochen ist, beziehungsweise in analoger Weise für päpstliche Schreiben an den Patriarchen von Aquileia.
[6] Diese Vermehrung ist keineswegs einfach auf eine flüchtige Sammeltätigkeit Zahns zurückzuführen, sondern auf die gegenüber Zahn nunmehr weiter gefassten Aufnahmekriterien. Zu diesen Kriterien im Detail siehe die Ausführungen im Abschnitt „Zur Konzeption dieser Neuausgabe“ in Reinhard Härtels „Einführung“ zur Neuausgabe von StUB II.
[7] Die mittelalterlichen Überlieferungen werden vollständig angeführt, auch wenn sie nicht notwendigerweise auch sämtlich für die Textherstellung herangezogen werden. Neuzeitliche Überlieferungen hingegen werden nur dann angegeben, wenn sie als Textgrundlage, wegen einer beigegebenen Siegelbeschreibung oder sonst in irgendeiner Weise für die Urkundenkritik von Bedeutung sind.
[8] Zur Berücksichtigung der diplomatischen und historischen Literatur hat es im Verlauf der Diskussionen um die Gestaltung der Neuausgabe von StUB 2 – während der bereits laufenden Bearbeitung – ein sehr breites Spektrum von Meinungen gegeben. Naturgemäß ergaben sich daraus Ungleichmäßigkeiten in der Informationsdichte. Jedenfalls wurde versucht, insbesondere für den Bereich der heute zu Slowenien gehörigen einstigen Untersteiermark ein Mindestmaß an ergänzenden Literaturangaben zu bieten.
[9] Friedrich Hausmanns Tod 2009 bedeutete das (vorläufige) Ende der Arbeit an StUB 1. Im Jahr 2007 konnte er jedoch noch eine Online-Publikation der (nach heutigen Maßstäben) nichtsteirischen Provenienzen bis 1192 vorstellen. 2021 kam es zu einem Relaunch dieser Online-Publikation, wobei diese auch mit Vorbemerkungen und einem Überblick zur Geschichte des Urkundenbuchs versehen wurde.
[10] Detaillierte Darstellungen der Geschichte des Urkundenbuchs findet sich auf der, dem Urkundenbuch gewidmeten Unterseite der HLK-Website unter „ Weiterlesen“, im Abschnitt „Zur Geschichte dieser Neuausgabe“ in Reinhard Härtels „Einführung“ zu StUB 2 und auf GAMS.
[11] Zur nun vorliegenden Sonderreihe 1 kommen: Sonderreihe 2 für Urkunden, die in der handschriftlichen Überlieferung, in Editionen oder im Schrifttum bereits als Styriaca bzw. als zeitlich einschlägig angesehen worden sind, für welche diese Einschätzung aber nicht zutrifft; Sonderreihe 3 für Urkunden mit Bezug auf das sogenannte Pittener Gebiet und ohne gleichzeitigen Bezug auf das Herzogtum Steiermark südlich von Semmering und Wechsel; Sonderreihe 4 für Urkunden, die mit größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit noch dem Zeitraum von StUB 2 angehören, die aber auch aus späterer Zeit stammen könnten und deren Volltexte aufgrund des Prinzips der chronologischen Einreihung zum letztmöglichen Zeitpunkt künftig in der Neuausgabe von StUB 3 (1246–1260) ihren Platz haben werden; schließlich Sonderreihe 5 zu den Admonter Traditionsnotizen, d. h. soweit sie dem Zeitraum 1192–1246 zuzuordnen sind (da für die Admonter Traditionen eine eigene Publikation vorgesehen ist, wird mit deren Erscheinen die Sonderreihe 5 obsolet). Zu diesen, die angesprochenen knapp 200 Stücke umfassenden fünf Sonderreihen kommen eventuell des weiteren noch eine sechste Sonderreihe für die Zeugen und eine siebente für den Traungau. Eine weitere ursprünglich geplante Sonderreihe zu einer Handschrift aus dem Pettauer Dominikanerkloster mit zahlreichen Papsturkunden von überregionaler Geltung (vor allem für den Dominikanerorden) wurde zwischenzeitlich bereits in selbstständiger Form publiziert, da die nachträglich angefügte „Privilegiensammlung“, in welcher die allermeisten zu behandelten Stücke verzeichnet sind, ihren Ursprung nicht im Pettauer, sondern im Friesacher Dominikanerkloster hatte. Online-Publikation
[12] Naturgemäß besteht dabei bisweilen das Problem der jeweiligen Abgrenzungen bzw. möglichen Mehrfach-Zuordnungen.