Made in Styria: Koflach und Dynafit – die wechselhafte Geschichte zweier steirischer Skischuhmarken*
Walter M. Iber
Sie zählen zu den herausragenden Legenden des österreichischen Skisports: der Oberösterreicher Rudi Nierlich († 1991) und der Kärntner Franz Klammer, die mit ihren großen Erfolgen – der eine dreifacher Weltmeister, der andere Olympiasieger und Doppelweltmeister – in die Geschichte eingingen. Weniger bekannt ist, dass die Karrieren beider einen nicht unerheblichen Bezug zur Steiermark aufwiesen, fuhren sie doch jeweils mit Skischuhen „made in Styria“ von Sieg zu Sieg – Nierlich mit der Marke Koflach, Klammer mit Dynafit.[1]
Tatsächlich war die Historie beider Marken eine sehr wechselhafte. Sie war von vielen sportlichen und kommerziellen Erfolgen geprägt, letztlich aber auch von massiven Rückschlägen: Zum Zeitpunkt des Klammer-Olympiasieges 1976 war die österreichische Skischuhindustrie am Zenit, zum Zeitpunkt der Nierlich-Erfolge 1989/91 befand sie sich längst am absteigenden Ast. Immerhin aber haben beide Marken eine derartige Kraft entwickelt, dass sie heute, wenn auch mit geändertem Produktportfolio und mit keinerlei Steiermark-Bezug mehr, weiterhin bestehen.
Koflach: Internationaler Player aus der Weststeiermark
Wie der Name vermuten lässt, stammt „Koflach“ aus Köflach, wobei die Anfänge der dortigen Schuhfabrik mit dem wirtschaftlichen Aufstieg des weststeirischen Braunkohlereviers eng verwoben waren, denn 1917 siedelte hier der Industrielle Franz Herunter sein Unternehmen in einem neuen Werk an: die „Werkgenossenschaft der Schuhmacher für Heeres- und Zivillieferung“, die bereits 1899 gegründet worden war und jetzt von Mooskirchen an den Standort Köflach wechselte. Produziert wurden Bergschuhe für die k. u. k.-Armee und Arbeitsschuhe für den Bergbau.[2] Von Anfang an bildeten Region und Schuhfabrik eine Symbiose, die Frauen der Bergarbeiter fanden hier als Näherinnen Arbeit.
1924 starb der Firmengründer, ihm folgte sein Sohn Franz (der Jüngere) nach. Ab 1926 firmierte das Unternehmen als „Schuhfabrik Köflach AG“ – es zählte inzwischen zu den größten Schuherzeugern Österreichs, die Belegschaft stieg bis in die frühen 1930er Jahre von rund 100 auf 180 Personen an. Die Unternehmensführung nahm in dieser Zeit eine zukunftsweisende strategische Weichenstellung vor, indem sie begann, einen Nischenmarkt zu bedienen. Da nämlich in Österreich der Wintersport populär wurde[3] und auch erste einschlägige Unternehmen (Kneissl, Fischer) entstanden, hatte man sich eine besondere Spezialisierung gesucht: die Produktion von Skischuhen. Erfolge stellten sich rasch ein: Die ersten handgenähten Skischuhe mit zwiegenähten Sohlenkanten, bereits mit einem Metallscharnier als Schnalle ausgestattet, gingen 1933 in den Export, vor allem in die USA.
Die Internationalisierung wurde durch den Zweiten Weltkrieg jäh unterbrochen. Als Lieferant für die Wehrmacht war die Schuhfabrik in die NS-deutschen Rüstungsanstrengungen eingebunden. Das Unternehmen setzte in dieser Zeit auch Zwangsarbeiterinnen ein, die in einem Lager in Köflach untergebracht waren.[4]
Nach dem Krieg stellte man die Produktion auf Sport- und Freizeitschuhe um, nahm die Exporttätigkeit wieder auf und intensivierte diese, weshalb man sich für die Einführung eines international „tauglichen“ Markennamens entschied: Koflach. Wichtige strukturelle Weichenstellungen folgten indes durch die Umwandlung der Schuhfabrik in eine Offene Handelsgesellschaft (1955), unmittelbar davor war mit den Brüdern Julius[5] , Heinz und Franz jun. Herunter die dritte Generation an die Spitze des Familienunternehmens getreten. Allmählich entwickelten sich Skischuhe vom Neben- zum Hauptgeschäft, 1964 machten sie bereits den Großteil der Produktion aus.
Der ökonomische Strukturwandel, der nach den Wiederaufbaujahren um sich griff,[6] betraf freilich auch die Schuhindustrie – vor allem durch die Verlagerung des Know-hows vom Menschen zur Maschine (Kunststofftechnologien). Zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit waren innerbetrieblich kostenintensive Investitionsmaßnahmen erforderlich. Auf der anderen Seite suchten größere, an sich monostrukturell ausgerichtete Industrieunternehmen, die inzwischen an die Grenzen ihres Wachstums gestoßen waren, ab den 1970er Jahren ihr Heil in der Diversifizierung.[7] Vor diesem Hintergrund vollzog sich das weitere Schicksal von Koflach, denn die erfolgreiche Marke weckte Begehrlichkeiten.
Nachdem die Familie Herunter bereits 1969 eine Partnerschaft mit dem US-Skierzeuger Head eingegangen war, verkaufte sie 1974 die Fabrik an das schwedische Unternehmen Volvo Fritid, eine hundertprozentige Tochter des Automobilherstellers Volvo. Es blieb bei einem „Intermezzo“, denn schon drei Jahre später stieß Volvo seinen weststeirischen Zukauf wieder ab. Die Schuhfabrik wurde vom oberösterreichischen Unternehmer Fritz Hatschek (Eternit-Werke) erworben, der bis 1989 am Ruder blieb, ehe er das Werk an den Salzburger Skifabrikanten Alois Rohrmoser (Atomic) verkaufte.
All den genannten Übernahmen lagen als Motiv Diversifikationsstrategien vonseiten der Käufer zugrunde: Volvo wollte sich neben der Automobilbranche als Freizeitanbieter mit Wintersportartikeln einen Namen machen und hatte neben Koflach auch den französischen Skierzeuger Dynastar erworben. Bei Eternit wiederum wollte man jedenfalls in einen neuen Bereich abseits der Baustoffindustrie investieren. Und das Bestreben von Atomic lag darin, sich, so wie andere Skierzeuger damals auch, als Komplettanbieter im Skisport zu positionieren.
Unter dem Eigentümer Hatschek wurden ab den späten 1970er Jahren einige wichtige Wegmarken gesetzt, darunter 1979 die Eröffnung eines neuen Werkes in Köflach mit einer Produktionskapazität von 500.000 Schuhen (hauptsächlich Ski- und Bergschuhe) und 1983 der Erwerb der insolventen Schuhfabrik „Stefan“ in St. Stefan im Rosental („Werk II“ zur Entlastung der Produktion im Köflacher „Werk I“).
Aber: Der gesamte Skimarkt war zunehmend übersättigt und umkämpft. Neuerungen und technologische Vorsprünge blieben oft nur Momentaufnahmen – meist zog die Konkurrenz sofort nach. Der Preiskampf war gewaltig. So wurde auch Koflach in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre zum Krisenfall: 1988 erwirtschaftete man zwar einen Umsatz von 320 Millionen Schilling, fuhr aber Verluste von 40 Millionen Schilling ein.
Unter Alois Rohrmoser schien es zunächst aufwärts zu gehen. Es erfolgte eine strategische Konzentration der Geschäftsfelder auf die Skischuhproduktion in Köflach. Als jedoch Atomic selbst in die Insolvenz schlitterte und 1994 unter das Dach des finnischen Weltkonzerns Amer kam, kennzeichnete dies den Anfang vom Ende der „steirischen“ Geschichte von Koflach: Atomic bot ab 1997 Skischuhe als Eigenmarke an. Das Werk in Köflach fungierte von da an nur noch als „verlängerte Werkbank“, auch „Ausflüge“ in die Produktion von Inline-Skatingschuhen (Oxygen) halfen am Ende nicht. 1998 kam es zu einer Reorganisation, bei der wesentliche Management- und Produktionskomponenten mit der Atomic Austria GmbH in Altenmarkt, Salzburg, verschmolzen wurden. Die regionale Entwurzelung war augenscheinlich, nur noch 60 Mitarbeiter waren damals im Köflacher Werk beschäftigt (1982 waren es noch 350 gewesen). Mit der Schließung der Schuhfabrik im Jahr 2002 endete schließlich auch die Geschichte von Koflach als Skischuhmarke.
Im hochwertigen Bergschuh- und Trekkingbereich (Schalenschuhe) blieb die Marke Koflach, weiterhin von Atomic vermarktet, bis 2008 bestehen. 2009 wurde das Unternehmen Koflach von Schweizer Investoren als AG mit Sitz in Aeschi (Kanton Solothurn) und mit dem Hauptproduktionsbereich Schalenbergschuhe neu gegründet.[8]
Dynafit: Mit Grazer Know-How zu sportlichem Ruhm
Die Geschichte von „Dynafit“ ist ebenfalls eng mit traditionellem Know-How aus der Steiermark verknüpft, nämlich mit der Grazer Unternehmerfamilie Mayer-Rieckh und deren Leder & Schuh AG, besser bekannt unter dem Namen Humanic. Die Wurzeln dieses Unternehmens reichen bis ins Jahr 1872 zurück.[9]
Humanic brachte im Jahr 1950 seinen ersten Dynafit-Skischuh heraus, auch den Exportmarkt USA hatte das Grazer Unternehmen hier bald für sich entdeckt. In den folgenden Jahrzehnten punktete man mit kontinuierlicher Weiterentwicklung und technischen Neuerungen, angetrieben durch die Konkurrenz am heimischen Markt (Koflach, Dachstein). Dynafit verschaffte sich in diesem Wettstreit immer wieder kurzfristige Wettbewerbsvorsprünge, beispielsweise in Form der ersten Schuhe mit Schnallenverschlüssen (die ersten richtigen Schnallenschuhe), die 1965 auf den Markt kamen. Tatsächlich war die Nachfrage bald derart groß, dass sich Humanic zur Errichtung einer eigenen Skischuhfabrik entschloss. Diese Fabrik, die von Michael Mayer-Rieckh geleitet wurde und unter „Skischuhfabrik Dynafit Ges. m. b. H.“ firmierte, wurde 1971 in Graz-St. Martin eröffnet.
Dynafit hatte inzwischen – auch durch sportliche Erfolge (Olympiasieg durch Egon Zimmermann in Innsbruck 1964) – einen Marktanteil erreicht, der die Marke für die großen, nach Diversifikation strebenden Skierzeuger interessant machte. Schon im Jahr 1972 verkaufte man daher die Fabrik an die Europa Sportartikel Aktiengesellschaft, bei welcher es sich um die Holding sämtlicher Unternehmungen des oberösterreichischen Skierzeugers Fischer (Josef Fischer) handelte. Seine Strategie in Richtung Vollsortiment-Anbieter untermauerte Fischer wenig später auch durch den Kauf des Textilwarenherstellers Löffler (Sportbekleidung). In diesem neuen Rahmen lief die Grazer Fabrik nunmehr als Teilbetrieb „Skischuherzeugung“ des in Ried/Innkreis ansässigen Unternehmens.
Josef Fischer verstand es im Folgenden exzellent, den Wert der Marke durch Rennerfolge weiter zu steigern. Vom Klammer-Triumph abgesehen, holten Dynafit-Athleten von der Saison 1974/75 bis 1982/83 acht Mal in Serie den Abfahrtsweltcup. Mit Leonhard Stock, der 1980 in Lake Placid Abfahrtsgold gewann, gab es zudem einen weiteren österreichischen Olympiasieger. Angesichts der Erfolge wurde der Schuhfabrik eine hohe Auszeichnung zuteil: Sie durfte das österreichische Staatswappen als Gütezeichen führen.
Doch der sportliche Ruhm schützte nicht vor dem Abstieg. Die Marke Dynafit stand auf dem übersättigten Skimarkt bald vor ähnlichen Problemen wie Koflach und stürzte ebenfalls in die Krise. Das zeigte sich besonders drastisch an den Mitarbeiterzahlen: Waren am Beginn der 1980er Jahre in der Grazer Skischuhfabrik 360 Personen beschäftigt, so hatte sich deren Zahl ein halbes Jahrzehnt später halbiert. In dieser wirtschaftlich so prekären Situation setzte man nun seinerseits auf Produktdiversifizierung: Schon seit längerem versuchte Dynafit auch im Langlauf Fuß zu fassen, nun fand die Marke zudem Eingang in den Tourenskibereich, und zwar in Form eines Skitouring-Bindungssystems mit der Bezeichnung „Low Tech“. Dieses kam 1985 auf den Markt, es war viel einfacher und leichter als jedes andere Skitouring-Bindungssystem dieser Zeit und erleichterte vor allem das Gehen erheblich. Die einstige Breitenwirkung erreichte man damit freilich nicht mehr, immerhin aber sollte dieser Nischenbereich das Überleben der Marke langfristig sichern. Im Skitouren-Segment ist Dynafit heute eine feste Größe (siehe unten).
1988 erwirtschaftete Dynafit zwar einen Umsatz von 250 Millionen Schilling, war damit aber hochgradig defizitär. Als Fischer Dynafit 1990 an den Mitbewerber Raichle Sport Holding AG in der Schweiz abstieß, musste die Grazer Fabrik ihre Pforten schließen. Für die einst so stolze Marke begann eine regelrechte Odyssee, denn der nächste Besitzerwechsel – es sollte nicht der letzte sein – ließ nur fünf Jahre auf sich warten: Unter dem Dach der Kneissl Dachstein Sportartikel AG (wiederum ein Mitbewerber) erfolgte 1996 im oberösterreichischen Molln die Gründung der Dynafit GmbH, welche die Skischuhproduktion zwei Jahre später endgültig einstellte.
Nach einer weiteren Zwischenstation – Dynafit gehörte kurzfristig zur niederösterreichischen Salzer Gruppe – wurde die Marke, inzwischen als Dynafit Sports GmbH firmierend, 2003 Teil der familiengeführten Bozener Unternehmensgruppe Oberalp.[10] Seither machte sich Dynafit besonders im Skitouren-Rennsport einen Namen, unter anderem mit der Schuhlinie „ZZero“. Zudem wartet man heute mit einer breiten Produktpalette für weitere Trendsportarten auf, unter anderem mit Outdoorschuhen und Bekleidung für Trail Running, Mountaineering und Mountainbiking.
Unternehmenshistorische Einordnung
Wie zu erkennen ist, durchliefen Koflach und Dynafit sehr ähnliche Schicksale. Unternehmenshistorische Erklärungsmodelle können an dieser Stelle, gleichsam als analytische Leitplanken, Einordnungen wesentlich erleichtern. Dahingehend seien abschließend einige Überlegungen skizziert, die sich im Wesentlichen auf Konzepte von Fredmund Malik (Management-Zentrum St. Gallen)[11] und Alfred D. Chandler (Harvard Business School)[12] stützen.
Strategie: Als richtig und im Sinne der Zukunftsfähigkeit erfolgreich – immerhin entwickelte sich die Skischuhproduktion jeweils über mehrere Jahrzehnte zu einem zentralen Geschäftsfeld – erwies sich in beiden Fällen, sowohl bei Koflach als auch bei Dynafit, die frühe Fokussierung auf Spezial- und Nischenprodukte mit hoher handwerklicher und technischer Qualität. Der Erfolg ließ dann nach, als der Skischuhmarkt vom Nischen- zum umkämpften Massenmarkt wurde und man die starken Marktpositionen einbüßte.
Ein vermeintliches Zauberwort lautet Diversifikation. Diese kann in der Regel jedoch nur dann funktionierten, wenn sie sich in der Nähe der eigenen Kernkompetenz bewegt. Die Übernahmen durch Fischer (Dynafit, 1972) und Atomic (Koflach, 1989) waren von dieser Warte aus mit nachvollziehbaren strategischen Überlegungen verbunden (wenngleich im Fall von Atomic der Erfolg letztlich überschaubar blieb). Negativbeispiele stellen jedenfalls die Investments des Automobilherstellers Volvo und des Baustoffproduzenten Eternit dar. Am Ende waren es Diversifizierungsschritte im Bereich des eigentlichen Know-hows – bei Koflach im Bergschuh-, bei Dynafit im Tourenskibereich –, die das Überleben beider Marken langfristig sicherten, und zwar wieder in einem Nischenbereich, im Trendsport.
Struktur: Es gilt der Leitsatz „Structure follows Strategy“ – die Struktur eines Unternehmens hat der Unternehmensstrategie zu folgen, nicht umgekehrt. Sowohl bei Koflach als auch bei Dynafit wurde rückblickend der Fehler gemacht, zu lange an der Skischuhproduktion festzuhalten und die Strategie an den bestehenden Strukturen auszurichten. Es ging vordergründig darum, die vorhandenen Produktionskapazitäten zu bespielen und Arbeitsplätze – ein populäres wirtschaftspolitisches Leitmotiv der 1970er und frühen 1980er Jahre – zu erhalten (fraglos gab es hier auch entsprechenden Druck vonseiten der Arbeitnehmervertreter und der Politik[13]). Im Falle von Koflach führte die strukturkonservierende Ausrichtung letztlich dazu, dass man zur verlängerten Werkbank von Atomic degradiert wurde. Ein besonders anschauliches Beispiel bietet zudem Raichle, das Dynafit 1990 übernahm, um „die Auslastung der eigenen Kapazitäten“ zu sichern.[14] Wenig überraschend war dies nicht von Erfolg gekrönt.[15]
Kultur: Hier geht es um Motivationen, Mentalitäten und Werte im Inneren von Unternehmen, sprich in den Belegschaften (von der Führungsebene bis zur Arbeiterschaft). Haben Unternehmen beispielsweise in ihrer Region tiefe Wurzeln geschlagen, so färbt dies auf ihre Identität massiv ab. Das zeigt vor allem die Geschichte von Koflach, denn es war eine regional verankerte Familie, die das Unternehmen über mehrere Generationen im Sinne einer „patriarchalischen Stabilitätskultur“ führte und prägte. Werden solche Unternehmen regional entwurzelt, läutet dies nicht selten den wirtschaftlichen Niedergang ein: Die sukzessive Entwurzelung von Koflach begann damit, dass ab dem Verkauf an Volvo (1974) strategische Entscheidungen eben nicht mehr in Köflach getroffen wurden. In diesem neuen Rahmen fand sich die Belegschaft zunehmend in einer „kostenorientierten Leistungskultur“ wieder, die primär auf Effizienz und Kostensenkung ausgerichtet war.[16] Ein Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Mitarbeitern und der (gar nicht vor Ort ansässigen) Führungsetage ließ sich kaum noch erzeugen. Derartige „Kommunikationsschwierigkeiten“, die sich mitunter negativ auf den betrieblichen Erfolg auswirkten, sind für Koflach quellenmäßig belegt.[17]
Anmerkungen
* Dieser Text ist aus dem Vortrag des Verfassers beim Wissenschaftlichen Kollegium der HLK am 7. Oktober 2022 hervorgegangen.
[1] Die folgenden Ausführungen beruhen, sofern nicht anders angegeben, grundlegend auf den Beiträgen des Autors: Dynafit – Schuhe der Sieger. In: Walter M. Iber/Christoph Hofer u. a. (Hgg.), Stadt in Bewegung. Grazer Sportgeschichte (Graz 2022), 100–103; Die Marke Koflach – vom Aushängeschild zum Krisenfall. In: Johannes Gießauf u. a. (Hgg.), Sport, Prestige, Profit: Historische Betrachtungen zum Run auf Ruhm und Reichtum (in Vorbereitung, erscheint im Herbst 2023).
[2] Zur Schuhfabrik wie generell zum regionalen Wirtschaftsraum in dieser Zeit: Franz Mittermüller, Der Bezirk als Wirtschaftsraum. In: Walter Brunner (Hg.), Geschichte und Topographie des Bezirkes Voitsberg, 2 Bde. (= Große Geschichtliche Landeskunde der Steiermark 5, Graz 2011), 253–340, hier 281; weitere Erwähnung findet die Schuhfabrik in diesem Beitrag auf den Seiten 289f., 294, 301, 303, 327.
[3] Roman Sandgruber, Ökonomie und Politik. Österreichische Wirtschaftsgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart (Wien 1995), 376.
[4] Julia Formeier, Flüchtlinge in der Nachkriegszeit 1945–1955. Eine Darstellung am Beispiel des weststeirischen Bezirks Voitsberg (MA. Wien 2016), 48. Franz Herunter jun. war damals zwischenzeitlich in die Arisierung der jüdischen Schuhfabrik „Eldorado“ (Wien) verstrickt. Ulrike Felber, Arisierung und Liquidierung von Betrieben der österreichischen Schuhindustrie. In: Ulrike Felber u. a., Ökonomie der Arisierung, Teil 2: Wirtschaftssektoren, Branchen, Falldarstellungen (Wien–München 2004), 104–210, hier 144.
[5] Julius Herunter hatte bereits ab 1942 gemeinsam mit seinem Vater Franz den Vorstand gebildet. Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister in der Ostmark 1942, Eintrag Nr. 4770.
[6] Dazu allgemein die Beiträge in: Walter M. Iber/Thomas Krautzer (Hgg.), Wirtschaft und Region. Transformationsprozesse im internationalen Vergleich (Wien 2021).
[7] Mitunter war damals, gerade im Hinblick auf die Skiindustrie, von einer regelrechten Diversifizierungshysterie die Rede. Renate Graber, There's no business like snow-business. In: Profil, Nr. 43 (23. 10. 1989), 41–44, hier 44.
[8] Siehe die Darstellung auf der Homepage des Unternehmens: https://www.koflach.com/de/parsepage.php?tpl=tpl_page&sqlpam1=259 (30. 1. 2023).
[9] Franz Mathis, Big Business in Österreich (München 1981), 156–158.
[10] Dazu der Überblick auf der Unternehmenshomepage: https://www.dynafit.com/history (27. 1. 2023).
[11] Malik konzipierte das General-Management-Grundmodell, das Strategie, Struktur und Kultur als wesentliche Säulen der Unternehmensführung definiert. Fredmund Malik, Management. Das A und O des Handwerks (Frankfurt/Main 2007), 117–287.
[12] Alfred D. Chandler, Strategy and Structure. Chapters in the History of the Industrial Enterprise (Cambridge/Massachusetts 1962).
[13] Beispielhaft: Dynafit: Kurzarbeit statt Freisetzungen. In: Arbeiter Zeitung (23. 7. 1983).
[14] Raichle übernimmt Grazer Dynafit. In: Handelsblatt (31. 10. 1990), 34.
[15] Raichle musste 1995 Konkurs anmelden. Eric Aschwanden, Das Ende von Raichle. In: Neue Zürcher Zeitung (17. 6. 2019).
[16] Kategorisierungen („patriarchale Stabilitätskultur“ und „kostenorientierte Leistungskultur“) nach Herbert Matis, dargestellt in: Hartmut Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte. Eine themen- und theorieorientierte Einführung (2. aktualisierte Aufl. Berlin–Boston 2016), 154–159.
[17] Konkret zwischen der Schuhfabrik und der Zentrale in Vöcklabruck (Eternit). Oral History-Archiv am Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte, Universität Graz (OHA), Sign. U 1596-12/90.
Priv.-Doz. Mag. Dr. Walter M. Iber, geb. 1979 in Graz, Studium der Geschichte und einer Freien Fächerkombination an der Universität Graz, 2018 Habilitation in Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte. Stv. Leiter des Instituts für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte der Universität Graz, Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Unternehmensgeschichte und seit 2022 Mitglied der HLK.