Johannes Clobucciarich – Leben und Werk. Eine Ausstellung in Kooperation des Staatsarchivs Rijeka mit dem Steiermärkischen Landesarchiv
Elisabeth Schöggl-Ernst
Zur Ausstellung
Bis Ende März 2024 ist im Steiermärkischen Landesarchiv die Ausstellung „Johannes Clobucciarich – Leben und Werk”[1] zu sehen, eine Ausstellung, die in Kooperation mit dem Staatsarchiv in Rijeka entstanden ist. Ihre Grundlage bildet ein besonderer Bestand, der im Steiermärkischen Landesarchiv verwahrt wird. Dieser umfasst 99 Blätter mit rund 500 Einzelskizzen, die als Vorarbeit für ein Kartenwerk Innerösterreichs und der angrenzenden kroatischen Gebiete dienten und aus den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts stammen. Der Augustinermönch Johannes Clobucciarich ist der Schöpfer dieser Skizzen, die er im Auftrag Erzherzog Ferdinands II. anfertigte. Diese frühe Landesaufnahme ist weit über die Steiermark hinaus von herausragender Bedeutung. Ihr Wert wurde auch vom nationalen UNESCO-Komitee erkannt, und so fand dieser steirische Bestand im Dezember 2022 Aufnahme in das nationale Dokumentenerbe-Register „ Memory of Austria”.
Der Ordensmann Johannes Clobucciarich
Johannes Clobucciarich wurde mit ziemlicher Sicherheit in Rijeka geboren. Denn im Leibsteuerregister der Untertanen des Augustinerklosters in Rijeka aus dem Jahr 1580, das Clobucciarich in seiner damaligen Funktion als Vikar und Prior des Klosters verfassen ließ, bezeichnete er sich selbst als Brueder Gioannin Clobuciarich von Sanct Veitt am Flaum pürtig. Mit etwa 15 Jahren trat er in das Kloster des heiligen Hieronymus der Augustiner-Eremiten in seiner Heimatstadt ein. Vom 13. November 1566 datiert ein Schreiben des Generalpriors Cristoforo da Padova an Frater Johannes Fluminensis, in welchem er Clobucciarich die Erlaubnis erteilte, mit Zustimmung von Richter und Rat Rijekas 70 bis 80 Golddukaten aus seinem Erbe an seine heiratsfähige Schwester auszuzahlen. Diese früheste Nennung der Person gibt Einblicke in seine Familie und lässt seine Zuordnung zum Bürgertum Rijekas zu. Die Priesterweihe erhielt Johannes Clobucciarich im Jahr 1572. Nach einem mehrjährigen Studienaufenthalt in Rom kehrte er 1575 in sein Stammkloster nach Rijeka zurück. Bereits in Rom war man auf sein künstlerisches Talent aufmerksam geworden und hatte dieses gefördert. Noch im Jahr seiner Rückkehr wurde er zum Generalvikar seines Klosters ernannt, dem er zwei Jahre später als Prior vorstand. Drei weitere Male, nämlich 1587, 1592 und 1597, übte er diese Funktion aus. Von 1597 bis 1584 war Clobucciarich in Rijeka als Vikar und Prokurator eingesetzt. Er sollte aber noch höhere Ämter im Orden bekleiden und Erzherzog Karl II. von Innerösterreich in seinen gegenreformatorischen Bestrebungen tatkräftig unterstützen. Als Prior der Ordensniederlassung in Völkermarkt hatte er die Aufgabe, dieses Kloster wieder mit Leben zu erfüllen und vor allem dessen entzogenes Vermögen zurückgewinnen. Von Völkermarkt aus musste er zudem das verwaiste Kloster in Hohenmauthen mitbetreuen und seine Wiederbesiedelung betreiben. 1580 erhielt er von Erzherzog Karl den Auftrag einer Ordensgründung in Graz. Als Provinzial und schließlich Generalvikar der Provinz Steiermark und Kärnten setzte er dieses Vorhaben 1588 in die Tat um. Schließlich fungierte er als Rektor und als Provinzialprokurator der Provinz. 1585 wurde er zum ersten Mal als Prior des Augustinerklosters in Fürstenfeld eingesetzt. Diesem Kloster stand er 1587 und 1593, 1595 und ab 1600 mit einer Unterbrechung bis 1603 vor. Auch hier machte er es sich zur Aufgabe, das darniederliegende Klosterleben wieder zu beleben und das eingezogene Klostervermögen in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten dem Kloster wieder einzuverleiben. Mit seinem energischen Auftreten gegenüber den Obrigkeiten schuf er sich den nötigen Respekt, stieß aber auch auf einigen Widerstand.
1605 befand er sich in Rijeka. Mit Ende August dieses Jahres enden die Nachrichten über ihn. Er muss in den folgenden Monaten verstorben sein, denn Anfang Mai 1606 wird bereits zwischen dem Kloster in Rijeka und Georg Clobucciarich, dem Bruder von Johannes, um seine Verlassenschaft verhandelt. Von Georg wissen wir auch, dass er die Skizzen nach Graz gebracht hat und für dieses Werk seines Bruders die noch ausständigen 50 Gulden erhielt.
Johannes Clobucciarich als Kartograph
Erzherzog Ferdinand war das graphische Talent Clobucciarichs bekannt. Daher betraute er ihn mit der Anfertigung einer neuen und genaueren Karte der Steiermark, ein Auftrag, den er 1603 noch um den gesamten innerösterreichischen Länderkomplex erweiterte. Die Karte sollte vor allem militärischen Zwecken dienen. Ausgerüstet mit einem Pferd und einem Gewehr, erkundete Clobucciarich die Landschaften. Ausgehend von Graz wandte er sich im Mai 1601 nach St. Ruprecht an der Raab, bestieg danach den Schöckl, um von dort in einem Rundblick das Grazer Umland mit seinen Tälern und Erhebungen zu studieren. Über die Oststeiermark führte ihn sein Weg ins Mürztal, weiter nach Aflenz und nach Rottenmann, schließlich nach Admont. In Panoramaskizzen hielt er die Berge und Täler fest, herausragende Bergmassive versuchte er naturgetreu nachzubilden. So verschaffte er sich einen Überblick über die Geografie der Landschaft, über die Ortschaften, Burgen und Schlösser, die er, wenn auch skizzenhaft, so doch in ihrer Charakteristik festhielt. Zur genaueren Orientierung zeichnete er Windrosen in die Karten ein, wie sie in der italienischen Seefahrt üblich waren, mit den Buchstaben „T” für „Transmontana” (Norden), „L” für „Levante” (Osten), „O” für „Ostro” (Süden) und „P” für „Ponente” (Westen). Für die Darstellung von Richtungsänderungen reichte das Blatt oft nicht aus. Mit teilweise mehrfach angebrachten Windrosen wies er diese Richtungsänderungen aus. Manche Routenkarten sind mit Visierlinien versehen, denen er Entfernungsangaben hinzufügte. Auf seiner Reise gaben ihm zahlreiche Gewährsleute Auskunft über Orts-, Burgen- und Bergnamen, die er in seiner italienisch geprägten Sprache wiedergab. Clobucciarich legte in seinen Zeichnungen bei aller notwendigen Skizzenhaftigkeit der dargestellten Örtlichkeiten den Fokus auf hervorstechende Gebäude. Dabei handelte es sich vorwiegend um Kirchen und Befestigungsanlagen. Diese Bauwerke wurden aber nicht schematisch, sondern mit ihrer charakteristischen Architektur festgehalten. Von vielen Stadt- und Marktansichten, Burgen und Schlössern fertigte er jeweils am Blattrand genauere Zeichnungen an. Bei diesen Darstellungen handelt es sich meist um die ältesten erhaltenen Ansichten, auch von Bauwerken, die wenig später abgekommen sind oder deren noch mittelalterliches Erscheinungsbild durch spätere Umbauten wesentlich verändert wurden. Die Skizzen weisen einen unterschiedlichen Bearbeitungsstand auf. Manche von ihnen sind rudimentäre Zeichnungen, andere wiederum bereits mit Tinte ausgeführt.
Johannes Clobucciarich war ein herausragender Zeichner, der mit wenigen Strichen die charakteristischen Merkmale eines Objektes festzuhalten verstand. Obwohl sein Werk unvollendet blieb, stellen seine Darstellungen einzigartige bildliche Zeugnisse der meisten Regionen der innerösterreichischen Ländergruppe dar. Einzelne Landstriche vor allem auf kroatischem Gebiet wurden von ihm erstmals kartografisch erfasst, womit er weiße Flecken der älteren Kartografie schließen konnte. Die Verbundenheit mit seiner istrischen Heimat lässt sich anhand der detaillierten Kartenwerke der kroatischen Küste erahnen. Die kolorierten Darstellungen der Bucht von Rijeka zählen zu den ansprechendsten Stücken, die erhalten geblieben sind.
Anmerkung
[1] Kuratiert von Markus Leideck (Staatsarchiv Rijeka) und Elisabeth Schöggl-Ernst (Steiermärkisches Landesarchiv). Laufzeit: 23. März 2023 – 29. Dezember 2023 (verlängert bis 29. März 2024). Öffnungszeiten: Mo, Di, Do 9–15 Uhr, Mi 9–18 Uhr; Fr 9–12 Uhr
Quellen und in Literatur (in Auswahl):
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HR-DARI-JU-2-420.
- StLA, AUR-1601-03-04, Salzburg; StLA, AUR-1601-04-07, Graz.
- StLA, IÖHK-1607-II-72.
- John J. Gavigan, Johannes Clobucciarich, O. S. A. In: Analecta Augustiniana XXI (1968), 319–358.
- Monika Küttner, Die Macht des Kartographen. Johannes Clobucciarichs architekturtopografische Ansichten. In: Olaf Wagner (Hg.), Symbole der Macht? Aspekte mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Architektur (= Beihefte zur Mediävistik Bd. 17, Frankfurt a. M. u. a. 2012), 255–268.
- Fitz Popelka, Die Landesaufnahme Innerösterreichs von Johannes Clobucciarich 1601–1605 (Graz 1924).
- Elisabeth Schöggl-Ernst/Markus Leideck u. a., Ivan Klobučarić – život i djejo, Johannes Clobucciarich – Leben und Werk (= Posebna izdanja, svezak 32, = Veröffentlichungen des Steiermärkischen Landesarchivs 46, Rijeka/Graz 2022).
Ausstellung: Johannes Clobucciarich - Leben und Werk
Ort: Steiermärkischen Landesarchiv, Karmeliterplatz 3, 8010 Graz, 0316 877-4028, landesarchiv@stmk.gv.at
Öffnungszeiten: Mo, Di, Do 9–15 Uhr, Mi 9–18 Uhr; Fr 9–12 Uhr
Die Ausstellung läuft noch bis Ende März 2024!
HR Hon.-Prof. Mag. Dr. Elisabeth Schöggl-Ernst MAS, Studium der Geschichte und Germanistik in Graz sowie Archivwissenschaften in Wien, Bereichsleiterin „Staatliche Archive" am Steiermärkischen Landesarchiv, Lehrbeauftragte an der Universität Wien, Vorstandsmitglied des Verbandes Österreichischer Archivarinnen und Archivare, seit 2001 Mitglied und seit 2007 im Ständigen Ausschuss der Historischen Landeskommission.
Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Justizgeschichte, Archivwissenschaft